Donnerstag, 31. Dezember 2009

Interview über Säbelzahntiger













Interview mit dem Wiesbadener Wissenschaftsautor Ernst Probst, Autor eines Taschenbuches über Säbelzahnkatzen

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Frage: Herr Probst, wie kamen Sie auf die Idee, ein Taschenbuch über Säbelzahntiger zu schreiben?

Antwort: Bei den Recherchen für mein Taschenbuch über Höhlenlöwen bin ich immer wieder auf Hinweise über das gleichzeitige Vorkommen von Löwen aus dem Eiszeitalter und Säbelzahntigern gestoßen. Zudem lebe ich in einer Gegend, in der vor rund 600.000 Jahren löwengroße Säbelzahntiger jagten, wie Funde aus den Mosbacher Sanden in Wiesbaden nahe meines Wohnortes beweisen.

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Frage: Wobei handelt es sich bei den Säbelzahntigern aus der Gegend von Wiesbaden?

Antwort: Die Fossilien aus den Mosbach-Sanden in Wiesbaden stammen von der Säbelzahntiger-Art Homotherium crenatidens. Dieser Säbelzahntiger hatte eine Schulterhöhe bis zu 1,10 Meter und eine Gesamtlänge inklusive kurzem Schwanz von maximal 1,90 Metern. Männliche Tiere dieser Art sollen bis zu 400 Kilogramm schwer gewesen sein. Bei den Mosbacher Sanden handelt es sich um Flussablagerungen, die nach dem ehemaligen Dorf Mosbach zwischen Wiesbaden und Biebrich benannt sind.

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Frage: Welche Fundorte von Säbelzahntigern aus dem Eiszeitalter gibt es noch in Deutschland?

Antwort: Säbelzahntiger der Gattung Homotherium kennt man auch aus Untermaßfeld bei Meiningen und Voigtstedt im Harzvorland (Thüringen), Neuleiningen bei Grünstadt (Rheinland-Pfalz), Mauer bei Heidelberg und Steinheim an der Murr (Baden-Württemberg), Randersacker bei Würzburg (Bayern). Diese Funde werden zwei unterschiedlich großen Arten von Homotherium zugerechnet. Die ältere und größere Art lebte bis vor rund 300.000 Jahren und heißt Homotherium crenatidens, die kleinere und jüngere Art existierte danach und heißt Homotherium latidens. Letztere ist aus Steinheim an der Murr bekannt.

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Frage: Welche Raubkatzen gab es im Eiszeitalter vor etwa 600.000 Jahren in Deutschland?

Antwort: Nach den Funden aus den Mosbach-Sanden in Wiesbaden zu schließen, lebten damals außer dem Säbelzahntiger Homotherium crenatidens auch riesige Mosbacher Löwen (Panthera leo spelaea), Europäische Jaguare (Panthera onca gombaszoegensis) und Geparden (Acinonyx pardinensis). Der Mosbacher Löwe war mit einer Gesamtlänge von bis zu 3,60 Metern der größte Löwe in Deutschland und Europa. Er wurde nur noch von dem Amerikanischen Höhlenlöwen (Panthera leo atrox) zwischen etwa 100.000 und 11.700 Jahren um rund 10 Zentimeter Länge übertroffen. Durch einen Fund aus Mauer bei Heidelberg weiß man, dass vor ungefähr 600.000 Jahren in Deutschland auch Leoparden (Panthera pardus sickenbergi) existierten. Damals herrschten in Deutschland klimatische Verhältnisse wie heute in Afrika. Im Rhein schwammen Flusspferde und an seinem Ufer lebten Elefanten, Nashörner, große Raubkatzen und Affen.

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Frage: Welche Raubkatzen musste der Säbelzahntiger Homotherium crenatidens fürchten?

Antwort: Bei einem Kampf mit einem erwachsenen Mosbacher Löwen hatte ein selbst der größte Säbelzahntiger sicherlich keine Chance. Aus den riesenhaften Mosbacher Löwen gingen vor etwa 300.000 Jahren die etwas kleineren Höhlenlöwen (Panthera leo spelaea) hervor, die aber immer noch etwas größer als heutige Löwen in Afrika waren.

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Frage: In der Literatur liest man heute einerseits von Säbelzahntigern, andererseits von Säbelzahnkatzen. Was ist der Grund?

Antwort: Früher sprach man nur von Säbelzahntigern. Doch dann mochten manche Wissenschaftler diese Bezeichnung nicht mehr und verwendeten den Begriff Säbelzahnkatzen. Seit einiger Zeit unterscheiden Experten zwischen Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen. Auf Laien wirkt dies sehr verwirrend, zumal ein Teil der Forscher immer noch von Säbelzahntigern spricht. Nach meinen Erfahrungen können Laien mit dem Begriff Dolchzahnkatzen nicht viel anfangen.

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Frage: Aus welcher Zeit kennt man die frühesten Säbelzahntiger in Deutschland?

Antwort: Die ältesten Reste von Säbelzahntigern in Deutschland werden der Art Machairodus aphanistus aus dem Miozän vor rund 10 Millionen Jahren zugerechnet. Diese jagte einst am Ur-Rhein in Rheinhessen, wie Funde aus Eppelsheim und am Wissberg bei Gau-Weinheim in Rheinland-Pfalz belegen, aber auch in der Gegend von Melchingen in Baden-Würrtemberg. Der Säbelzahntiger Machairodus vom Ur-Rhein wurde 1833 erstmals von dem Darmstädter Gelehrten Johann Jakob Kaup wissenschaftlich beschrieben. Ein Zeitgenosse von Machairodus aphanistus war die nur halb so große Dolchzahnkatze Paramachairodus ogygius, die an mehreren Fundorten in Deutschland zum Vorschein kam. Über Paramachairodus ogygius wusste man lange Zeit nicht viel, bevor in Spanien komplette Skelette entdeckt wurden. Vor zehn Millionen Jahren lebten am Ur-Rhein in Deutschland noch mindestens drei Arten von Menschenaffen sowie Rhein-Elefanten und bizarr aussehende krallenfüßige Huftiere.
In Dorn-Dürkheim (Rheinhessen) hat man Reste von Säbelzahntigern (Machairodus aphanistus) und Dolchzahnkatzen (Paramachairodus ogygius, Paramacharodus orientalis) aus dem Miozän vor etwa 8,5 Millionen Jahren ausgegraben. Damals gab es in Deutschland bereits keine Menschenaffen mehr.
Bei den Säbelzahntigern und Dolchzahnkatzen aus dem Eiszeitalter in Deutschland sind die rund 1 Million Jahre alten Fossilien aus Untermaßfeld bei Meiningen in Thüringen die geologisch ältesten Funde. Sie stammen aus einer Warmzeit, in der in Deutschland auch Flusspferde, Geparden und Pumas existierten.

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Der Wissenschaftsautor Ernst Probst veröffentlichte 2009 die Taschenbücher „Höhlenlöwen“, „Säbelzahnkatzen“ und „Der Höhlenbär“. Aus seiner Feder stammen auch die Taschenbücher „Der Ur-Rhein“, „Rekorde der Urzeit“ und „Rekorde der Urmenschen“. Diese Titel sind bei „GRIN Verlag für akademische Texte“ erschienen und unter der Internetadresse http://www.grin.com/e-book/127539/saebelzahnkatzen als gedrucktes Taschenbuch oder E-Book im PDF-Format erhältlich.